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Unterhalt einklagen - Darauf sollte unbedingt geachtet werden!

lic. iur. Sandor Horvath im Interview

Bleibt der Unterhalt aus, haben Sie unterschiedliche Möglichkeiten, die Unterhaltsforderung geltend zu machen. Dabei hängt es in erster Linie davon ab, ob Kindesunterhalt oder ehelicher bzw. nachehelicher Unterhalt gefordert wird. Welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um Unterhalt einzuklagen und wie Sie vorgehen können, wenn rechtlich geschuldeter Unterhalt nicht bezahlt wird, erfahren Sie im nachstehenden Experteninterview mit Rechtsanwalt lic. iur. Sandor Horvath, Fachanwalt SAV Familienrecht.

Rechtsanwalt Sandor Horvath hat nach der Matura zunächst Sozialwissenschaften studiert und mit dem Lizentiat abgeschlossen. Danach hat er in verschiedenen Institutionen gearbeitet, u.a. beim internationalen Komitee des Roten Kreuzes IKRK, in der Bundesverwaltung und in der kantonalen Verwaltung. Anschliessend begann er Rechtswissenschaften an der Universität Luzern zu studieren und schloss dieses Studium ebenfalls mit Lizentiat ab. Nach einem Rechtspraktikum erwarb Sandor Horvath im Jahre 2010 das Anwaltspatent des Kantons Luzern. Seit 2013 arbeitet er zusammen mit Rechtsanwältin lic. iur. Concetta Costa Oreiller in der Neustadt Advokatur in Luzern, ganz im Herzen der Leuchtenstadt. Die beiden Rechtsanwälte haben sich vor allem auf Erbrecht, Familienrecht sowie Staats- und Verwaltungsrecht spezialisiert. Sie haben zwei angestellte Anwältinnen, die u.a. im Arbeitsrecht, im Mietrecht, im Strafrecht und im Vertragsrecht tätig sind. Sie sind in der ganzen Schweiz tätig.     

lic. iur. Sandor Horvath
lic. iur. Sandor Horvath

Rechtsanwalt für Familienrecht

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um Unterhalt einfordern zu können?

Um Unterhalt einfordern zu können, muss man unterscheiden, ob es sich um Kindesunterhalt oder um ehelichen bzw. nachehelichen Unterhalt für einen Ehegatten handelt.

Beim Kinderunterhalt ist zwischen Bar- und Betreuungsunterhalt zu unterscheiden. Der Barunterhalt beinhaltet einen Grundbetrag von CHF 400.00 bzw. CHF 600.00 pro Kind, einen Wohnkostenanteil, die Krankenkassenprämien (KVG) und die ungedeckten Gesundheitskosten, Drittbetreuungskosten, allfällige Schul-, Verpflegungs- und Mobilitätskosten (im Zusammenhang mit der Schule bzw. Berufsausbildung), und Steueranteile. In besseren Verhältnissen können auch Zusatzversicherungen (VVG) sowie eine Kommunikations- und Versicherungspauschale berücksichtigt werden. In guten finanziellen Verhältnissen wird zusätzlich dazu der verbleibende Überschuss geteilt – solange die Kinder noch minderjährig sind. Der Betreuungsunterhalt des Kindes soll das Existenzminimum der Betreuungsperson sicherstellen, sofern diese ihr Existenzminimum nicht selbst sicherstellen kann. Auch Kinder von unverheirateten Eltern haben Anspruch auf Betreuungsunterhalt. Dieser kann insbesondere bei kleineren Kindern einen Grossteil des Unterhaltsbetrages ausmachen, solange der betreuende Elternteil nicht oder nur in einem geringen Pensum arbeitet und folglich sein Existenzminimum nicht decken kann. 

Nach dem so genannten Schulstufenmodel können dem betreuenden Elternteil bei Eintritt des jüngsten Kindes in den Kindergarten ein Arbeitspensum von 50% zugemutet werden, bei Eintritt in die Oberstufe von 80% und nach Erreichen des 16. Altersjahr von 100%. Davon kann aber unter gewissen Voraussetzungen auch abgewichen werden.

Für ehelichen Unterhalt wird der Bestand einer Ehe vorausgesetzt, wobei die Ehegatten getrennt sind oder ein Ehegatte sich trennen will. Ist diese Voraussetzung gegeben, kann man ehelichen Unterhalt für die Dauer des Getrenntlebens einfordern. Der nacheheliche Unterhalt knüpft an die Scheidung an und ist in der Regel befristet. Ausserdem geht der Unterhaltsbeitrag an minderjährige Kinder dem nachehelichen Unterhalt vor. Ehelicher oder nachehelicher Unterhalt kann somit nur berücksichtigt werden, solange nach Begleichung des Kinderunterhaltes noch etwas übrigbleibt.

Auch Kinder von unverheirateten Eltern haben Anspruch auf Betreuungsunterhalt.

Ich möchte eine Unterhaltsklage einreichen. Wo & wie macht man das?

Das hängt unter anderem davon ab, ob die Eltern verheiratet sind oder nicht. Eine Klage ist grundsätzlich am Wohnsitz des Beklagten einzureichen. Das minderjährige Kind kann den Unterhalt am eigenen Wohnsitz einklagen. Unverheiratete Paare können sich an die KESB wenden, um eine Unterhaltsvereinbarung zu erwirken. Bei einer reinen Kinderunterhaltsklage ist vorgängig ein Schlichtungsverfahren durchzuführen. Dieses kann entfallen, wenn die unverheirateten Eltern vorher erfolglos die KESB angerufen haben.

Bei ehelichen Klagen (Eheschutz- und Scheidungsverfahren) ist die Klage am Wohnsitz einer der beiden Parteien einzureichen. Das muss also nicht unbedingt der Wohnsitz der beklagten Person sein; in diesem Fall kann die Klage ausnahmsweise am Wohnsitz der klagenden Person eingereicht werden.

Die geschuldeten Unterhaltszahlungen bleiben aus. Was raten Sie Ihren Mandanten im ersten Schritt?

Solange die Betroffenen miteinander sprechen können, rate ich zu einem klärenden Gespräch. Helfen die mündlichen Aufforderungen nicht, könnte man schriftlich mahnen. Natürlich gibt es auch härtere Massnahmen, wie etwa im Rahmen der Zwangsvollstreckung (Betreibung, Rechtsöffnung, Pfändung).

Solange die Betroffenen miteinander sprechen können, rate ich zu einem klärenden Gespräch.

Welche Möglichkeiten habe ich, um an den Unterhalt zu kommen?

Wenn nun der Unterhalt trotz Gespräch und Mahnung ausbleibt, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Man kann zunächst eine Betreibung einleiten und die fälligen Unterhaltszahlungen – also jene, die in der Vergangenheit nicht bezahlt worden sind – betreiben. Die Zwangsvollstreckung erfolgt gestützt auf ein Scheidungsurteil oder einen Eheschutzentscheid oder einen Unterhaltsentscheid. Das sind so genannte „definitive Rechtsöffnungstitel“, die es einem ermöglichen, den geschuldeten Betrag effektiv eintreiben zu können. Im Zuge eines Zwangsvollstreckungsverfahrens können Sie unter bestimmten Voraussetzungen auch Inkassohilfe beantragen. Dabei unterstützt die Wohnsitzgemeinde die Unterhaltsgläubiger bei der Durchsetzung von Unterhaltsforderungen.

Eine weitere Möglichkeit ist die Alimentenbevorschussung, welche jedoch derzeit in den meisten Kantonen nur für Kinderunterhalt und nur für die Zukunft möglich ist. Wer in knappen finanziellen Verhältnissen lebt, kann die Alimentenbevorschussung beantragen. In diesem Fall zahlt die Gemeinde bis zu einem gewissen Betrag – anstelle des Unterhaltsverpflichteten – den Unterhalt und fordert den Unterhalt für die Kinder direkt vom Unterhaltsverpflichteten ein. Man tritt somit den Anspruch auf Kindesunterhalt an den Staat ab.

Um die Unterhaltsforderung durchzusetzen, haben Sie unterschiedlichste Möglichkeiten, wie eine Betreibung, eine Schuldneranweisung oder unter Umständen auch die Alimentenbevorschussung.

Schliesslich gibt es noch die Schuldneranweisung. Die kann zur Anwendung kommen, wenn jemand einen festen Arbeitgeber hat, aber trotzdem den Unterhalt – aus welchen Gründen auch immer – nicht bezahlt. In einem Gerichtsverfahren kann man verlangen, dass der Lohnschuldner (also der Arbeitgeber) dazu verpflichtet wird, einen Teil des Lohns – nämlich der Teil des Lohns, der der Höhe des Unterhalts entspricht – direkt an die unterhaltsberechtigte Person zu überweisen. Das funktioniert nicht nur gegenüber Arbeitgebern, sondern auch gegenüber Sozialversicherungsanstalten und Vorsorgeeinrichtungen der 2. Säule, welche Renten auszahlen.

Wer trägt die Kosten einer Unterhaltsklage?

Die Verfahrenskosten (Anwalts- und Gerichtskosten) trägt grundsätzlich die unterliegende Partei, wobei in familienrechtlichen Verfahren davon abgewichen werden kann. Die wirtschaftlich besser gestellte Partei könnte in familienrechtlichen Verfahren dazu verpflichtet werden, den Grossteil der Kosten zu tragen, auch wenn sie mehrheitlich obsiegt. In der Praxis werden die Kosten oft geteilt. Wer nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, kann unentgeltliche Rechtspflege beantragen, wenn die Begehren nicht aussichtslos sind. Falls nötig, erhält diese Person auch einen Anwalt oder eine Anwältin zur Seite gestellt. In diesem Fall müssen die Gerichts- und Anwaltskosten einstweilen nicht bezahlt werden. Wenn man allerdings wieder zu Geld kommt, zum Beispiel nach einer Erbschaft, müssen die Kosten zurückerstattet werden.

Inkassohilfe und Alimentenbevorschussung sind grundsätzlich kostenlos. Im Betreibungsverfahren hingegen muss die betreibende Person die Gebühren vorschiessen. Im darauffolgenden Rechtsöffnungsverfahren dürften die Erfolgsaussichten in der Regel gut sein, wenn man über einen definitiven Rechtseröffnungstitel verfügt (vollstreckbares Urteil oder Eheschutzentscheid). Aber: Wo kein Geld ist, kann man auch keines holen.

Was besagt das Recht auf Bevorschussung in diesem Kontext?

Die Alimentenbevorschussung soll sicherstellen, dass Kinder ihren Unterhalt erhalten und in diesem Umfang keine Sozialhilfe beantragen müssen. Sie kommt dann zum Zug, wenn die Eltern ihrer Unterhaltspflicht nicht nachkommen. In diesem Fall tritt der Staat ein, bezahlt den Kindesunterhalt und fordert diesen direkt vom Verpflichteten ein. Würde der Staat diese Unterhaltszahlung nicht bevorschussen, müsste das Kind Sozialhilfe auf Kosten des Staates beziehen.

Kann Unterhalt auch rückwirkend eingefordert werden?

Im erstmaligen Klageverfahren, ja. Wenn es darum geht, den Unterhalt erstmalig festzusetzen und einen Unterhaltstitel zu erlangen, kann der Unterhalt grundsätzlich ein Jahr rückwirkend ab Klageeinreichung eingefordert werden.

Haben Sie womöglich den ein oder anderen Tipp im Hinblick auf Unterhalt einklagen?

Ich finde es wichtig, in familienrechtlichen Angelegenheiten das Kindeswohl stets zu wahren. Eltern sollten sich trotz ehelichen Schwierigkeiten, trotz Trennung und Scheidung in die Augen sehen und weiterhin gut miteinander kommunizieren können. Denn sie bleiben ein Leben lang Eltern. Eine Lösung, die für beide Parteien passt, kann beispielsweise im Rahmen einer Mediation erarbeitet werden. Dadurch können belastende und oftmals teure Gerichtsverfahren vermieden werden.

Bei gerichtlichen Verfahren besteht immer das Risiko, dass eine der Parteien mit dem Entscheid unzufrieden ist. Im schlimmsten Fall sind sogar beide Parteien unzufrieden. Man darf nicht vergessen, dass im Familienrecht ein grosses richterliches Ermessen besteht. Man kann deswegen nie wirklich wissen, wie ein Richter oder eine Richterin entscheiden wird. Sinnvoller ist es daher, selbst zu entscheiden und den Entscheid nicht dem Gericht zu überlassen.

Sie sind Rechtsanwalt und Experte im Familienrecht. Wie können Sie nun Menschen beim Unterhalt einfordern juristisch behilflich sein?

Im Rahmen der Beratung kläre ich die persönlichen und finanziellen Verhältnisse der Parteien. Dann kläre ich Wünsche und Bedürfnisse ab. In einem nächsten Schritt kann ich beispielsweise Vorschläge für die Berechnung und für die Höhe des Unterhalts machen. In einer Mediation überlasse ich das den Eltern; wie es Sache der Eltern ist eine gemeinsame Lösung zu finden.

Der Unterhalt ist von zahlreichen Faktoren abhängig, u.a. von den eigenen finanziellen Verhältnissen (Einnahmen und Auslagen); aber natürlich auch von den finanziellen Verhältnissen der unterhaltsverpflichteten Partei. Abzuklären ist auch, ob die unterhaltspflichtige Person überhaupt Unterhalt zahlen kann. Denn das Existenzminimum der unterhaltsverpflichteten Partei bleibt stets gewährleistet. Es kann sein, dass eine Person keinen Unterhalt zahlen kann und muss, obwohl die andere Seite darauf angewiesen ist. Schön finde ich, wenn sich die Betroffenen nach einer Trennung oder Scheidung die Hand geben können. Aber das ist nicht immer möglich.

Bei familienrechtlichen Fragen sollte das Kindeswohl immer an oberster Stelle stehen. Achten Sie daher als Eltern auf eine gute Kooperation & Kommunikation.

lic. iur. Sandor Horvath
lic. iur. Sandor Horvath

Rechtsanwalt für Familienrecht
in 6003 Luzern

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